Kirche Kirchdit­mold

Auftraggeber

Evangelische Petrus- Kirchengemeinde

Projekt

Farbkonzept für die Kirche Kirchditmold, Kassel

Leistungen

Bestandsaufnahme, Planerstellung, Konzeptentwicklung

Entwurf

2021 bis 2022

Farbe und Raumwirkung

Die Kirche Kirchditmold, ein bedeutendes Baudenkmal, sollte eine neue Heizungsanlage erhalten. Nach einem langwierigen Abstimmungsprozessen hat man sich für eine Temperierung der Wände entschieden. Im Zuge dieser baulichen Maßnahmen sollte der Kirchenraum einen überfälligen neuen Anstrich erhalten. In diesem Kontext kam aber auch die Frage auf, wie sich die Nutzung des Kirchenraumes in der Zukunft insgesamt entwickeln bzw. wie man sich mit einer Neugestaltung zukünftige Nutzungen möglichst nicht verbauen könnte.

Es wurde eine konzeptionelle Diskussion angestoßen, die über das Thema Farbe hinausging und auch die Ausstattung des Raumes betraf. Mit der Darstellung unterschiedlicher Ansätze für die Farbgebung sollte deutlich werden, dass sich bei dieser Entscheidung auch die Frage stellt, welche Haltung und welchen "Geist" der Raum in Zukunft vermitteln soll. Es ging also nicht nur darum, ob eine neue Farbgebung "gefällt", sondern was sie "aus dem Raum macht".

Als Arbeitsgrundlage mussten zunächst aus älteren, inkonsistenten Papierplänen digitale Grundrisse und Schnitte von der Kirche erstellt werden. Um die inhaltliche Diskussion zu unterstützen, wurde zusätzlich ein Boden- und Möblierungsplan angelegt.

Denkmalpflegerische Aspekte und Farbe im Bestand

Eine restauratorische Bestandsaufnahme der historischen Farbfassungen erbrachte nur begrenzte Erkenntnisse: Die Kirche wurde wohl mehrfach mit einem Kalkanstrich versehen, dazu gab es eine grün-graue Sockelzone mit rotbraunem Beistrich. Komplexere Gestaltungselemente wurden zunächst nicht gefunden.

Dieser Befund wurde für eine Neufassung nicht als bindend angesehen. Im Bestand (also 2022) hatten die Wände inklusive Fensterlaibungen einen nicht weiter differenzierten ockergelben Anstrich, der mittlerweile stark verschmutzt war, vor allem durch die Luftbewegungen, die die alte Heizungsanlage erzeugte. Das aktuelle Erscheinungsbild des Holzwerks ist nicht historisch, zum Beispiel sind die Stützen mit Plattenmaterial verkleidet. Es zeigt im Bestand zwei nur schwach differenzierte, eher helle Grautöne, ist aber in weiten Bereichen ebenfalls stark abgenutzt.

Wert einer fotografischen Dokumentation

Auch wenn eine fotografische Wiedergabe dem realen Raumerleben nicht wirklich entspricht, schafft sie immerhin Distanz zur gewohnten Wahrnehmung. Schwachstellen in der räumlichen Wirkung werden gerade durch die Verfremdung erkennbar, Dinge, über die man gerne hinwegsieht, offenbaren sich "ohne Gnade".

Auffällig ist die Bedeutung der Deckenfläche(n) und der raumprägende Eindruck des Holzwerks, das inklusive der Bänke nur schwache Differenzierungen aufweist und zum Teil verwirrende Raumeindrücke hervorruft. Das Rot der Sitzflächen und -Kissen ist der auffälligste Farbakzent, wirkt aber eher unpassend, vor allem zu dem Sandsteinboden. Die Bodengliederung mit Sisal-Läufern wirkt provisorisch.

Eine neue Farbaussage für den klassizistischen Kirchenraum?

Die Varianten zur Farbgebung sollten zunächst wie oben beschrieben die inhaltliche Diskussion voranbringen. Je länger ich mich mit dem Raum beschäftigt hatte, desto mehr hatte sich meine Vorstellung dahin entwickelt, den Raum möglichst licht und offen zu gestalten (auch aus inhaltlichen Gründen), die Wände in einem hellen Sand- oder sogar Weißton zu halten und lieber die Decken in welcher Form auch immer farbig zu fassen. Dazu wäre eine kräftigere Gliederung des Holzwerks wünschenswert gewesen, um die Bauteile in ihren unterschiedlichen Funktionen und damit auch den Raumeindruck besser strukturieren zu können. Andere Farbvarianten ("blau", "rosa") sind aus dem klassizistischen Charakter des Gebäudes abgeleitet oder sind Visualisierungen von alternativen Vorschlägen, die in den Prozess eingebracht wurden.

Teilsanierung statt Gesamtkonzept

Letztlich wurde der weitere Prozess von der Erkenntnis bestimmt, dass für eine komplette Renovierung und Neugestaltung aktuell keine ausreichenden Ressourcen vorhanden waren, weder für die Decke noch für das Holzwerk, und dass die Neufassung der Wände voraussichtlich auf absehbare Zeit für sich stehen muss.